Vom Reisen
- Carla
- 26. Jan. 2021
- 5 Min. Lesezeit
Es liegt eine wunderschöne, erlebnisreiche Zeit hinter uns. Kaum hatten wir ein Abenteuer hinter uns gebracht, da winkte uns schon das nächste. Im Dezember haben wir fast jedes Wochenende genutzt, um den Kreis Obidos zu verlassen und andere Regionen Portugals zu bereisen.
Ende November haben wir uns trotz Einschränkungen nach Lissabon gewagt. Eine verlassene Geisterstadt, die außer ein paar Obdachlosen und einer Hand voll Touristen wie leergefegt schien. Trotzdem war ich begeistert von dieser wunderschönen Stadt mit all ihren gefliesten Häusern und gepflasterten Mosaiken. Und dennoch wirkte es auf mich, als könnte ich nur die Hülle dieser Stadt erfassen. Das eigentliche Wesen ließ sich nur manchmal erahnen.
Anfang Dezember haben wir die zwei anderen deutschen Freiwilligen in der Algarve besucht und haben dort ein verlängertes Wochenende verbracht. Die Landschaft dort war nochmals so anders als hier. Wald gibt es dort fast nicht. Nur ein paar hügelige Buschlandschaften, viele Palmen und Agaven. Die Häuser wirken gedrängter und noch sommerlicher, als die hier, mit steinernen Terrassen und durchlässigen Fenstern. Wie auch hier gibt es keine Heizungen, sondern nur Holzöfen, was einerseits gemütlich ist, andererseits auch echt kalt, wenn das Feuer mal nicht will oder alle zu faul sind, sich mit dem widerwilligen Kamin herumzuschlagen.
Einen Tag waren wir dort in der Waldorf-community Vinha-Velha (alter Wein). Ein paar kleine Bauernhäuschen, ein kleiner Kindergarten, ein paar Ferienunterkünfte und ein kleines Café mit hausgemachten Leckereien. Dort durften wir im Freien mit Menschen unterschiedlichster Nationen im Chor singen. Seit dem geht mir das Lied „O Maria vem car ver“ nicht mehr aus dem Kopf und heitert mich immer wieder auf. Erst da habe ich bemerkt, wie sehr ich das Singen im Chor vermisst habe.
Die nächsten zwei Tage zu Hause gingen vorbei wie im Fluge, obwohl wir die Nächte durcharbeiteten, um alle Weihnachtsgeschenke rechtzeitig verschicken zu können. Den Freitag bekamen wir schon mittags frei, um dann mit unserem Gastvater zum Bäume pflanzen über das Wochenende nach Idanha, an die spanische Grenze fahren zu können (Dazu später mehr).
Weihnachten haben wir eher weniger traditionell aber sehr nett mit unserer schweizer Gastfamilie gefeiert. Essen gab es reichlich, wir haben das Hotelfoyer dekoriert und ein kleines Weihnachtskonzert gespielt. Zwei Tage später besuchten wir unsere befreundete Brasilianerfamilie und spielten auch dort bei frühlingshaftem Sonnenschein zum Barbecue ein paar Weihnachtslieder.
Nach Weihnachten ging es dann richtig los. Zusammen mit Emilia, der deutschen Freiwilligen aus der Algarve und Antonin, Leas Freund haben wir uns einen Camper geliehen. Bei knappen 10 Grad machten wir uns dann also auf den Weg mit dem einzigen Ziel mehr von Portugal zu sehen.
Nachdem Lea und Antonin nach der ersten Nacht probeschlafen ganz verfroren aus dem Camper zurückkamen, bepackten wir diesen mit sämtlichen Decken des Hauses. Beim Bepacken stießen wir auf das erste Problem; die Dusche im Wagen war undicht und über den Kofferraum ergoss sich bereits ein kleiner See. Mit Gaffa Tape, Plastiktüten und einem Korken wurde der Duschkopf dann verarztet und wir hofften inständig, dass uns nicht mehr unserer kostbaren 50 Liter Spülwasser abhandenkämen und vor allem, dass alles verstaute trocken bliebe. Aber beim Abspülen waren wir ab jetzt super sparsam.
Endlich konnte es losgehen. Erster Stopp war Nazaré. Wir schlenderten etwas durch die verlassenen mit Wäscheleinen bespannten Gässchen. Aus einer Küche ertönte Fado Musik. Vom Felsen aus genossen wir den Ausblick auf ein ruhiges türkisblaues Meer und die untenliegende Stadt. Die Nacht verbrachten wir direkt am Strand. Es war jedoch so stürmisch, dass wir mitten in der Nacht aufwachten und uns fragten, jeder mit seiner eigenen Fantasie, vom Umkippen des Wagens bis hin zu dessen Überflutung, ob wir diesen nicht doch umstellen sollten. Letztendlich blieb er wo er war und am nächsten Morgen bot sich uns ein besonderes Schauspiel. Riesige Wellen überspülten, in einem undurchschaubaren Chaos den Strand und bauten sich bedrohlich vor den Felsen Nazarés auf.
Beim Aufbruch blinkte uns ein Auto zu und während Emilia, unsere Fahrerin, überlegte, was sie falsch gemacht haben könnte galoppierte uns ein behornter Stier entgegen. Ein etwas absurdes Bild.
Unser nächstes Ziel war der Parque Natural das serras de aire e das candeeiros. Eine absolut skurrile Landschaft. Eine riesige Steinwüste aus weißem Kalkstein, ein paar zerfallene Mauern, Steinberge und verstreut liegende Felsen. Dazwischen verkohlte Sträucher. Einerseits sehr eindrücklich andererseits hielten wir es dort auch nicht sehr lange aus.
Die nächsten Tage verbrachten wir meistens mit einem ausgiebigen Frühstück bei dem wir uns ein paar grobe Ziele für den Tag überlegten. Dann fuhren wir drauf los, immer off road und genossen die sich verändernde Landschaft, während wir erst Richtung spanische Grenze und dann in das südlich gelegene Alentejo fuhren. Ich führte irgendwann die Stoppregel ein, bei der man einfach Stopp rufen durfte, um sich einen Ort genauer anschauen zu können. So hielten wir bei einem gigantischem Staudamm, einem plätscherndem Flusslauf oder einer Ansammlung von Kohleöfen, im letzten Tageslicht.
Ein Höhepunkt unserer Reise war ein Frühstück auf einer Aussichtsplattform, mit Blick auf den anfangs noch im Nebel liegenden Tejo. Als wir eigentlich schon aufbrechen wollten und unseren Kocher beschimpften, weil das Kaffeewasser nach einer halben Stunde immer noch nicht heiß war, zeigten sich uns ein paar Geier, die sich anfangs auf den Felsen sonnten. Wir trauten unseren Augen nicht, als immer mehr Geier hinzukamen. Schließlich beobachteten wir 20 Geier, die auf Futtersuche über die Landschaft hinwegkreisten. Wir beschlossen doch noch etwas zu bleiben.
Abends kochten wir mit unserem Campingkocher, dem jedoch schon bald das Gas ausging. Die Suche nach Campinggas erwies sich zu dieser Jahreszeit allerdings als weitaus hoffnungsloser als gedacht. Nachdem wir sämtliche Tankstellen im Umkreis Evora abgeklappert hatten, und wir vor verschlossenen Baumarkttüren gelandet waren, beschlossen wir unser Sylvesteressen einen Abend vorzuverlegen und in Evora essen zu gehen. Die abendliche Stimmung in dieser Stadt war so lebendig und wirkte so unverfälscht Portugiesisch, wie ich es bis jetzt noch an keinem anderen Ort in Portugal erlebt hatte. In dieser Nacht suchten wir uns nicht wie sonst noch einen besonders schönen Stellplatz, sondern blieben in Evora mitten auf dem mit Stromkabeln bespannten Parkplatz stehen und genossen es auch am nächsten Tag noch, mal wieder in der Stadt zu sein.
Nach einer weiteren Stunde deprimierter Suche nach Campinggas waren wir schon kurz davor aufzugeben, als sich dann doch noch ein Baumarkt, als unsere Rettung erwies. Erleichtert machten wir uns auf den Weg zu einem Stausee, wo wir dann bei Lagerfeuer ins neue Jahr hineinfeierten.
Als wir am nächsten Morgen um 12 völlig verpennt aufstanden, müssen wir wohl einen so hilflosen Eindruck gemacht haben, dass eine Spaziergängerin ihre Tochter zu uns schickte, um uns zu fragen, ob bei uns alles in Ordnung sei und ob wir Essen oder Trinkwasser bräuchten. Bei uns war aber alles bestens und so verbrachten wir den Tag in Decken eingehüllt am See, mit der ersten gleichaltrigen Portugiesin quatschend, die wir hier kennenlernten.
Als letztes möchte ich euch noch auf den Weg mitgeben das Gewicht eines Campers nicht zu unterschätzen und diesen niemals auf einen auch nur leicht matschigen Untergrund zu stellen. So leicht kommt man dort dann nämlich nicht wieder weg! Nur ein genereller Tipp!
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