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Vom Springseilspringen und Bauklotzkämpfen

  • Autorenbild: Carla
    Carla
  • 30. Nov. 2020
  • 3 Min. Lesezeit

Die Zeit rast hier nur so dahin und manchmal habe ich das Gefühl sie irgendwie festhalten zu müssen, damit das Jahr nicht mit dem nächsten Wimpernschlag um ist. Wahrscheinlich wird es auch noch Phasen geben, in denen die Zeit zu stehen scheint, aber dennoch ist es mir ein wichtiges Anliegen nun endlich mal eine Momentaufnahme zu machen.

Ich erinnere mich noch genau an das Gefühl mit dem ich zu Hause mit vollbepacktem Rucksack auf dem Rücken und riesen Koffer hinter mir herziehend los gezogen bin: Der kleine Kitzel im Bauch, eine freudige Aufregung, die Gewissheit das richtige zu tun und ein großes Gefühl von Freiheit.

Als wir hier vor zwei Monaten ankamen, kam ich aus dem Staunen gar nicht mehr raus, der erste Blick aus dem Flugzeug auf das von der untergehenden Sonne angestrahlte Lissabon, die Ankunft bei unserer Gastfamilie, die für unsere Situation viel zu luxuriöse Unterkunft, dann am nächsten Morgen beim Aufwachen der Blick aus dem Fenster auf die Lagoa de Óbidos und der Gedanke hier 10 Monate meines Lebens verbringen zu dürfen!

Seit dem sind nun schon 2 Monate vergangen. Langsam kann ich sagen dass ich hier allmählich ankomme. In einer Postkarte die ich vor einem Monat geschrieben habe und immer noch nicht abgeschickt habe, schrieb ich „vieles fühlt sich[ hier] schon sehr gewohnt an und doch ist alles immer noch so neu für mich“: Pedro, der Kindergartenvater, der uns jeden Morgen zum Kindergarten fährt, die allmähliche Strukturierung unseres Haushalts, die gemeinsamen Essen mit unserer Gastfamilie, die Suche nach Entspannung und möglichst viel Erleben und zu sehen bekommen an den Wochenenden. Portugiesisch klingt nicht mehr wie russisch und ich beginne Stück für Stück mehr zu verstehen und kann auch schon in einfacher Form mit den Kindern kommunizieren.

Meinen ersten Monat hier habe ich zusammen mit Maria der etwas chaotischen aber herzensguten Köchin, den Kindergarten bekocht. Dies hat mir viel Spaß gemacht, da es immer viel zu tun gab und ich das Gefühl hatte wirklich unterstützen zu können. Aber dennoch habe ich mich die ganze Zeit auf den nächsten Monat gefreut, den ich mit den Kindern verbringen durfte.

Morgens beaufsichtigte ich die etwas älteren Kinder draußen beim Spielen mit einer Kindergärtnerin. Diese spielen größtenteils sehr selbstständig und manchmal ist es gar nicht so einfach sich hier mit einzubringen und nicht einfach nur dumm rumzustehen. Maria sagte mir hierzu: „du musst den ersten Schritt auf die Kinder zu gehen, sonst bist du für sie nicht mehr als ein Einrichtungsgegenstand“. An den meisten Tagen klappt dies nun schon ganz, ich springe mit den Kindern Springseil und denke mir dazu Reime auf Deutsch aus, schubse Kinder auf der Schaukel an und versuche einen Überblick über alles zu behalten.

Am späteren Vormittag bin ich dann bei den ganz kleinen, zweijährigen. Diese haben mich von Anfang an miteingebunden, kommen zu mir, um mit mir zu spielen und um sich bei mir darüber auszuheulen, dass ihnen gerade ein Spielzeug weggenommen wurde. Am Anfang war ich hier heillos überfordert, 6 kleine, zerbrechliche Wesen in einem Raum, die gerne Höhlen bauen, auf Tische klettern und sich manchmal mit Holzspielzeugen fast die Köpfe einschlagen. Ich war so gestresst weil ich überall nur Gefahren gesehen habe und das Gefühl hatte viel zu wenig wahrnehmen zu können. Mittlerweile bin ich viel entspannter geworden und ich glaube dies trägt auch zu einer entspannteren Stimmung unter den Kleinen bei. Am Anfang habe ich mich auch oft gefragt, ob das so richtig ist, wie ich mit den Kindern umgehe und ganz viel geschaut wie die Kindergärtnerin in bestimmten Situationen vorgeht. Jetzt habe ich schon etwas mehr Selbstvertrauen gewonnen. Nur was ich immer noch nicht kann ist Kindern ein Spielzeug wegnehmen, wenn diese sich darum streiten. Entweder endet dies dann in einem Kampf zwischen uns dreien oder ich fange fast selbst an zu weinen.

 
 
 

2 Kommentare


labecker37
03. Dez. 2020

Hallo liebe Gisela,

Danke für dein Feedback und schön, dass du jetzt auch an unseren Erfahrungen teilnimmst!

Zu deiner Frage: Es gibt einen Jungen mit Autismus in der Grundschule. Er geht in die dritte Klasse und nimmt dort soweit möglich am Unterricht teil. Außerdem hat er eine eigene Betreuung, welche sich sonst um ihn kümmert. Nach meiner Einschätzung sehr gelungene Integration! Ich sehe ihn oft mit den anderen Kindern spielen, diese unterstützen ihn gerne und haben eine ganz unbefangene Art mit ihm umzugehen. Das ist sehr schön mit anzusehen.

Liebe Grüße!

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giselaneumann19
02. Dez. 2020

Hallo, liebe Lea und liebe Carla,

ich bin beeindruckt, von eurem Projekt und wünsche euch dafür viel Glück und Erfolg.

Es ist schön, dass ihr euch dieser tollen Aufgabe stellt.

Lea, wie ist es dort mit der Integration von Kindern mit besonderem Förderbedarf?Sind sie in den

" normalen"Gruppen , oder gibt es " besondere " Gruppen für sie.

Das würde mich mal interessieren .....

Alles Liebe und Gute , Gisela

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Beitrag: Blog2 Post

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